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Eishotels – Welten aus Schlaf und Licht

Autorenbild: Martina SchmidMartina Schmid

Es gibt Menschen, die bei dem Wort Urlaub an malerische tropische Strände denken. Andere ziehen Wochenendtrips in pulsierende Metropolen vor. Andere wiederum nutzen ihre Freizeit, um sich sportlich zu verausgaben oder suchen im Gegenteil die Ruhe eines Meditationsangebots in einem offenen Kloster. Eine Abwechslung und Herausforderung ganz anderer Art bieten in Skandinavien, Alaska, Kanada und mittlerweile Österreich Träume aus Eis und Schnee: die Eishotels.



Eishotel


Es begann mit einem Event

Einen Plan, eines Tages ein Hotel aus Eis zu bauen, gab es in dieser Form nicht. 1989 hatte sich die nordschwedische Stadt Jukkasjärvi lediglich vorgenommen, zur Belebung des lokalen Tourismus’ im Rahmen einer mehrwöchigen Veranstaltung Skulpturen berühmter japanischer Eiskünstler vorzustellen. Der Erfolg war geradezu überwältigend, und so ging ein Jahr später Jannot Derid einen Schritt weiter und errichtete einen gigantischen Iglu als Ausstellungshalle. Womit niemand gerechnet hatte, waren die Begeisterung und der Einfallsreichtum der Besucher, die sich spontan dort mit Rentierfellen und Schlafsäcken ausgestattet in den Gängen und Sälen zum Übernachten niederließen. Die Idee wurde aufgegriffen, und 1991 wurde erstmals gezielt ein Eishotel gebaut, das im Laufe der kommenden Jahre um eine Bar, eine Lounge, ein Theater, eine kleine Kirche, in der übrigens geheiratet werden kann, Restaurants und ein Kino erweitert wurde. Das Konzept fand inzwischen an immer mehr Orten und auf allen Kontinenten Nachahmer, jedoch bleibt Jukkasjärvi hier unbestritten das Maß aller Dinge.



Ökologisches Bewusstsein – aus traditionellen Werten geboren


Für die Veranstalter ist der finanzielle Aspekt sicher nicht unwichtig, aber für die lokalen Gemeinschaften, die die Vorbereitungen für den Bau der Gebäude übernehmen, geht es um weit mehr. Bereits wenn die ersten Elemente der Bauten im Frühjahr zu schmelzen beginnen, muss für die kommende Saison vorgearbeitet werden, und dies ist kein leichtes Unterfangen. Um ein ästhetisches Ergebnis zu bekommen, das mit blickdichten und durchsichtigen Eisblöcken spielt, und das angestrebte makellos reine Oberflächenbild zu erreichen, genügt es nicht, an beliebiger Stelle aus einer gefrorenen Wasserschicht das erforderliche „Baumaterial“ herauszufräsen. Nur an bestimmten Windungen eines Flusses oder eines Sees, in einem bestimmten Teil einer Landschaft bringt das Wasser die nötige Reinheit mit, und aus diesem Grund können Eishotels nicht überall, wo es ausreichend kalt wäre, eröffnet werden. Für die örtliche Bevölkerung ist es deshalb Verpflichtung und Berufung zugleich, die Wasserqualität unablässig zu überwachen und zu schützen. Ebenso darf nicht das gesamte Schmelzwasser des „gebrauchten“ Hotels wieder in die Natur gelangen, denn es ist nach dem Besucherandrang von Monaten dafür zu verschmutzt. Mit fast religiöser Hingabe und einem geradezu meditativen Respekt, der aus vergangenen Zeiten zu entstammen scheint, pflegen die Einheimischen hier Umwelt und Wasser und überführen hiermit die Traditionen ihrer Vorfahren in das mittlerweile über 20 Jahre alte Geschäftsmodell. Unter diesem Aspekt können Eishotels als eine der ersten Formen des sanften, ökologischen Tourismus’ betrachtet werden.



Klare Regeln für die Besucher

Bei Temperaturen zwischen -5° bis -8°C in den Räumen und -30°C außen sind nicht nur die zur Verfügung gestellten Overalls, Tierfelle und Schlafsäcke von lebenswichtiger Bedeutung. Auch wenn die ursprünglichen Kojen der Anfangsjahre durch breitere Eisbetten ersetzt wurden, raffiniert eingerichtete Suiten durchaus Komfort bieten und ausreichend Angebote es ermöglichen, zeitweise etwas Wärme zu tanken, wäre das Abenteuer nicht für jeden ungefährlich. Die Übernachtung ist deshalb in vielen Eishotels nur Erwachsenen mit einem entsprechenden Gesundheitszeugnis gestattet. Zudem wird der Aufenthalt auf 1 bis maximal 2 Nächte beschränkt. Es ist jedoch möglich, einige Nächte in benachbarten beheizten Räumen zu verbringen. Ebenso wird durch Benutzungs- und Entsorgungsprotokolle auf eine möglichst geringe Verschmutzung von Schnee und Umgebung strengstens geachtet.



Magie aus Vergänglichkeit und Licht



Winterurlaub im Eishotel



Neben der Reinheit des Eises und des Schnees, die diesen Orten ein fast unwirkliches Erscheinungsbild verleiht, gehört ein dezidiertes und kunstvolles Beleuchtungskonzept zum Zauber der Eishotels und ihrer Nebengebäude. Was fasziniert, sind sowohl die Rätsel dieser technischen Meisterleistung als auch der Eintritt in eine märchenhafte Winterwelt, in der jeder wieder ein wenig zum staunenden Kind mit glänzenden Augen wird. Aber auch die Vorstellung und das Wissen, wie flüchtig diese Naturpaläste sind, wie sehr sie in dieser Hinsicht unserem eigenen Leben ähneln, stimmt ehrfürchtig, nachdenklich und wehmütig. Dem gesellt sich das erhabene Gefühl und die Gewissheit der Einmaligkeit und Unwiederbringlichkeit des Erlebnisses zu: Da jedes Jahr ein anderer Architekt und mehrere internationale Künstlerteams – nach einem übrigens sehr aufwändigen Bewerbungsverfahren mit sehr hohen künstlerischen Ansprüchen – mit der Ausarbeitung des folgenden Projekts betraut werden, werden auch wiederkommende Gäste immer wieder aufs Neue überrascht.



Eishotels ist in vielerlei Hinsicht ein Spagat gelungen: Sie sprechen Romantiker und Junggebliebene, ökologisches Bewusstsein und Leidenschaft für Design und Kunst, mutige Abenteurer und stille Träumer gleichermaßen an. Auch wirtschaftlich haben sie die Quadratur des Kreises gefunden: Aus einer temporären Struktur, die Elementen und Saison ausgeliefert ist, ist tatsächlich ein dauerhaftes Geschäftsmodell erwachsen, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Sie zeigen, dass Tourismus wortwörtlich keine Grenzen kennt und weit über das Vorstellbare hinaus wachsen kann.



Eishotel Winter





Eishotels sind für gewöhnlich von Dezember bis (spätestens) April geöffnet, die Bauzeit beginnt im Oktober. Familien mit Kindern können an vielen Orten eine wärmere Unterkunft entweder in unmittelbarer Nähe des Eishotels buchen oder dank Shuttle-Service zu den nächsten Ortschaften die Bauten als Tagesbesucher besichtigen. Skulpturen und Ausstellungen sind auch für Gäste zugänglich, die nicht im Eishotel übernachten. Einige Eishotels bieten auch neben den Design-Ausstellungen zusätzliche Attraktionen wie Rentierschlitten-Fahrten, Elch-Schlitten-Safari, Eisfischen-Erfahrungen und vieles mehr.


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