Französische Landhausküche vegan von Aude Richard
- Martina Schmid

- 27. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Sept.

Wer im Bereich Kulinarik an Frankreich denkt, sieht vor seinem inneren Auge die exquisiten Restaurant-Terrassen der Côte d’Azur, die eleganten Tafeln renommierter Pariser Häuser und die Schönheit puristisch angerichteter Teller, die die Kreationen der Sterne-Chefs wie Kunstwerke in Szene setzen. Und dann gibt es die Geheimtipps, die oft so kleinen Lokale, die in der Provinz mit unglaublich raffinierten und unerwarteten Kompositionen Gourmets aus aller Welt zu überraschen wissen. All diese, zuweilen recht klischeehaft anmutenden Bilder, sind wahr, aber nur ein Teil der französischen Genussrealität. Mit Französische Landhausküche vegan entführt uns Aude Richard in ein anderes Frankreich: in die tiefe Authentizität eines Alltags, in dem Gaumenfreuden und gesundes Essen niemals bieder oder bodenständig werden und einen hohen Wert innehaben.
Frankreich wird insbesondere im deutschen Sprachraum als das Land betrachtet, in dem schon kleine Kinder lernen, was gute Küche ist und ausmacht. Tatsächlich ist dies wirklich der Fall, und Aude Richard und ihr Buch sind dafür der beste Beweis. Französische Landhausküche vegan ist nicht weniger als ein Kompendium, eine sozusagen ultimative Sammlung, denn es stellt mit seinen 50 Rezepten alle Gerichte vor, die für Franzosen seit vielen Jahrzehnten selbstverständlich zum Speiseplan gehören, die sie von Kindesbeinen an bis ins hohe Alter gleichermaßen begleiten und die sie zugleich spontan nennen, wenn sie nach dem gefragt werden, was aus ihrer Sicht für die französische Küche typisch ist. Es sind jene Rezepte, die sie kochen, wenn sie ausländischen Besuchern vermitteln wollen, was in Frankreich „wirklich gegessen“ wird.
Doch erschiene es fast frevelhaft, hier von „Hausmannskost“ zu sprechen. „Landhausküche“, wie der Titel es schon ankündigt, gibt hingegen genau das wieder, was der Leser erwarten kann: Es ist die Küche der Provinzen Frankreichs, die über die Jahrhunderte zu einem gemeinsamen, allgemeinen und geschätzten, ja geliebten und gelebten Kulturgut geworden ist. Es ist die Küche, die auf dem großen, rustikalen Holztisch serviert wird, um den sich die ganze Familie jeden Tag unkompliziert und wie selbstverständlich versammelt. Und diese Küche wiederum erzählt von dem, was Frankreich seit jeher wichtig ist: regionale, einfache und gesunde Zutaten, menschliche Nähe, nachhaltiger Genuss, raffinierte Ideen und Sorgfalt.
Die Einteilung des Buches gibt uns die Gelegenheit, als Zuschauer dem Menü eines ganz normalen Tages (eine kleine Vorspeise, ein Hauptgericht, ein süßer Nachtisch) zu folgen, aber auch einen Einblick in das gesellschaftliche Leben Frankreichs zu erhalten: Die Vorspeisen können auch als Snack zu festlichen Anlässen umgedacht werden und mit Quiche lorraine, Vol-au-vent, Couscous und Orangen-Grießkuchen werden in Frankreich auch Gäste verwöhnt. Französische Landhausküche vegan entführt in die Vergangenheit: in die Geschichte des französischen Alltags und seiner Küche, in die Kindheitserinnerungen eines jeden Franzosen, die in den Begleittexten auf charmante Weise durchscheinen.
Es vereint moderne Klassiker – Œufs Mimosa waren in den 1950er Jahren ein stylisches Modegericht bei Empfängen, Kommunions- und Hochzeitsfeiern im kleinen Kreis, das sich später zum beliebten Alltagsevergreen entwickeln sollte –, rustikale Traditionsrezepte wie Rillettes, Buchweizengalettes und Kirsch-Clafoutis, regionale Highlights wie Gougères (die einst den Bauernküchen Savoyens entschlüpften, um in Paris als hippe Häppchen Karriere zu machen, bevor sie wieder den Weg in den Alltag ganz Frankreichs zurückfanden), zeitlose Speisen wie Kartoffeltarte und internationale Erfolge wie Crème brûlée.
Diese Vergangenheit aber wird neuinterpretiert und zeigt, dass sich diese französische Gemütlichkeit auch in unsere Gegenwart und Zukunft integrieren lässt. Die Rezepte erfahren hier eine vegane Übersetzung, ohne von ihrer kulturellen Bedeutung einzubüßen.
Wie gut dieses Spagat gelingt, zeigen die großartigen Fotographien, die die Gerichte in der Umgebung und dem Geist zeigen, in dem sie entstanden und in den sie einzuordnen sind.
Französische Landhausküche vegan ist Aude Richards Geschenk an ihre Landsleute, die die Erinnerung an die authentischste französische Küche und ihren unverwechselbaren Geschmack auch in einer veränderten Welt, in der Gesundheitsbewusstsein und Nachhaltigkeit neue Maßstäbe setzen und zum Umdenken anregen, nicht missen wollen. Es ist aber auch ein Buch, das eine im Ausland oft wenig bekannte oder unterschätzte Seite der französischen Genusswelt enthüllt. Wer sich darauf einlässt, taucht in die entspannte und warmherzige Gemütlichkeit des französischen „Art de vivre“ ein, lernt, die Essenszeit als Pause und geselligen Austausch zu genießen, und versteht auch besser, wie „das echte Frankreich“ denkt und lebt.
Einmal mehr möchte ich an dieser Stelle dem Stiebner Verlag für die produktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit danken. Es ist mir immer eine Freude!
Hier geht es zur Seite des Verlags für einen Blick ins Buch: https://www.stiebner.com/produkt/franzoesische-landhauskueche-vegan/


