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Kreativtourismus – neue Wege zu Kultur und Menschen


Ein oranges Gefäß wird mit einem feinen Pinsel in gelb bemalt

Foto: @wix.com / Gemälde


Den Urlaub nutzen, um sich kreativ auszuleben, künstlerische Hobbies zu pflegen oder auszuprobieren, ist auf den ersten Blick nichts wirklich Neues. Mittlerweile aber haben die Tourismusbranche, Gemeinden und Regierungen das ungeheure wirtschaftliche, ökologische, politische und kulturelle Potenzial dieser Form des Reisens entdeckt und fördern sie gezielt. Tatsächlich scheint die Vielfalt der Möglichkeiten geradezu unerschöpflich und immer neue Optionen zeugen vom Einfallsreichtum der Anbieter ebenso wie vom lebhaften Interesse unterschiedlichster Zielgruppen.


Kultur und Menschen aktiv erfahren Die Beweggründe für die wachsende Beliebtheit solcher Formen des Tourismus sind zwar individuell verschieden, zeugen jedoch im Allgemeinen von einer aufrichtigen Sehnsucht nach einem authentischen Erlebnis. Es geht darum, eine andere Kultur nicht nur von außen zu beobachten und zu bestaunen, sondern sie durch eigenes Erfahren besser zu verstehen und nachempfinden zu können. Das Eintauchen in Sprache, Kunst, Handwerk oder Bräuche, das Experimentieren mit lokalen Praktiken sollen es ermöglichen, die Identität und das Kulturerbe einer Region besser zu begreifen und zu verinnerlichen. Der Wunsch ist nicht mehr, sich von einem Fremdenführer Dinge passiv erklären zu lassen, sondern durch den Austausch mit der örtlichen Bevölkerung und den einheimischen Künstlern zu lernen, wie sie im jeweiligen Land empfunden werden und welche Geschichte(n), Mentalität und Lebensart mit ihnen verbunden sind. Kreativreisen maßgeschneidert Im Gegensatz zu den traditionellen Formen der Kulturreisen bietet Kreativurlaub für den Tourismuskunden eine unvergleichliche Flexibilität. Vom Tagesausflug über die Ferienreise bis zum Sabbatical Wer nur einen Tag oder ein Wochenende zur Verfügung hat, kann bei den Urban Sketchers weltweit zahlreiche Gelegenheiten finden, Architektur und Landschaften kennenzulernen und zu teilen. Wie bei vielen Varianten des Kreativtourismus spielen die Sozialen Netzwerke hier eine wichtige Rolle, erlauben sie doch sowohl die Bildung von Communities, die Verbreitung kultureller Inhalte, die wiederum als Multiplikatoren weitere Touristen ansprechen, als auch den Aufbau einer wirtschaftlichen Grundlage über Spenden oder durch Kollaborationen mit Reiseunternehmen. Workshops, die von Kunsthandwerkern, Künstlergemeinschaften, individuellen Unternehmen oder den Tourismus-Marketing-Abteilungen von Gemeinden und Regionen angeboten werden, ermöglichen je nach Themen und Region Aufenthalte zwischen einer Woche und einem Monat. Für Menschen, die über eine längere Zeit in die fremde Kultur und ihre kreativen Aspekte eintauchen möchten, entstehen immer mehr Langzeit-Modelle, die nach dem Vorbild von Sprachkursen und „Artists in Residence“-Ansätzen Kombi-Urlaub anbieten. Neben Zeichnen und Malen sind klassische Musik und Gesang, Ballett, Jazz-Tanz und Literatur, Kunst als Installation, aber auch Kunsthandwerk wie Keramik und Töpferei weltweit an hierfür berühmten Orten mit ehrgeizigen Projekten vertreten. Gleichzeitig werden Landschaften und Landesküche erkundet. Themen für jeden Geschmack und auf allen Kontinenten So vielfältig wie das jeweilige Kulturerbe sind die Interessengebiete, die gebucht werden können. Angesichts dessen wirken Malkurse beinahe bieder und einfallslos. Flamenco-Tanz in Andalusien, Stricken isländischer Muster mit Originalgarnen im Angesicht der Gletscher, Töpferei auf Kreta, Ikebana in Japan, Fotoworkshops am Llanquihue-See in Patagonien, Schneeskulpturen in Kanada, Geschirr-Design in Loja, Papierschöpfen an der Amalfi-Küste, Glasbläserei in Biot – es gibt nichts, was es nicht gibt. Urlauber können sich in speziellen Reisebüros ihren Vorlieben entsprechend beraten lassen, oder auf eigene Faust nach dem Themenbereich suchen, den sie beschreiten möchten. Dabei ist es ganz gleich, ob die Reise allein, zu zweit oder in einem größeren Kreis angetreten werden soll. Besondere Konzepte richten sich an Singles, Paare, kleine Gruppen, etwa von Freunden, oder Familien mit Kindern aller Altersstufen.



Mit getrockneten Blumen Grusskarten basteln

Foto: Micheile Henderson @unsplash.com

Das Ende des Kulturtourismus? Wie der Kulturtourismus starb … Der traditionelle Kulturtourismus hat bereits seit zwei Jahrzehnten mit mehreren Problemen zu kämpfen. Zum einen wurde er Opfer seines eigenen Erfolgs: Gerade weil Kulturreisen immer gefragter waren, wurde Ende des letzten Jahrhunderts von Regierungen und Gemeinden im großen Stil investiert, um Orten, die für diese Zielgruppen bisher wenig attraktiv schienen, ein neues Image zu geben. Es galt, den willigen und kulturdürstenden Touristen in die eigene Region zu locken. Neue Museen zu unterschiedlichsten und mitunter allzu provinziellen Themen und mit eher bescheidenen Kollektionen schossen wie Pilze aus dem Boden; berühmte Häuser wie der Louvre oder das Guggenheim eröffneten Dependancen in aller Welt; neue Festivals für Theater-, Literatur- und Opernfans wechselten sich rund um den Globus in schneller Folge ab oder fanden gleichzeitig statt; Biennalen wurden allerorts aus der Taufe gehoben. Unzählige Städte schmückten sich nunmehr mit der Bezeichnung „Kulturstadt“ oder „Kulturhauptstadt“. Dies führte nicht nur zu einer inhaltlichen Verflachung, sondern auch zu einem größeren Einerlei des kulturellen Angebots: Für Städte und Regionen wurde es immer schwieriger, ein unverwechselbares und identitätsstiftendes Image aufrechtzuerhalten. Wozu nach Paris reisen, um den Louvre zu besuchen – es gibt ihn auch im wesentlich sonnigeren Abu Dhabi, Kamelritt inklusive. Vielfach erwiesen sich die Investitionen durch die so entstandene Austauschbarkeit der Häuser und Standorte als Fehlschlag. Großbritannien etwa zog bald die Reißleine und beschloss, Gelder für den Ausbau des Kulturtourismus in dieser Form konsequent zu streichen. Des Weiteren galten die üblichen kulturellen Touren in vielen Ländern als verstaubt, elitär oder langweilig. Für jüngere Reisende waren sie daher kaum eine Option, für Familien mit Kindern erst recht seit jeher irrelevant.

… und mit dem Kreativtourismus ein neues Leben fand Der Wunsch nach immer individuelleren Modellen gesellte sich zu dieser unglücklichen Konstellation hinzu. Klar war: Um zu überleben, musste der Kulturtourismus, der für manche Regionen von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung blieb, sich grundlegend neu erfinden. Kreativtourismus gelingt der Brückenschlag zwischen einem weniger anspruchsvollen, und damit zugänglicheren kulturthematischen Spektrum, das somit auch für Nichtakademiker reizvoll ist, und der Vermittlung des Kulturerbes, der Traditionen, der Geschichte und der Lebensart einer jeden Region. Kulturgut beschränkt sich nicht mehr auf Sehenswürdigkeiten in Form von Schlössern oder Kunstwerken, sondern umfasst – neben Kunsthandwerk – Gastronomie, Bräuche, Sprache und Dialekte sowie Mentalitäten und Lebensgewohnheiten. Kreativtourismus als Hauptfaktor einer nachhaltigen Wirtschaft Leicht könnte der Eindruck entstehen, dass Kreativtourismus eine Mode sei – mit all der Oberflächlichkeit und Kurzlebigkeit, die der Begriff impliziert. Tatsächlich ist dieser Trend nicht zu unterschätzen, denn alles spricht dafür, dass er gekommen ist, um zu bleiben. Tourismus als überlebenswichtiger Wirtschafts- und Wachstumsfaktor Für manche Orte, aber auch Regionen oder ganze Länder scheint Tourismus in den letzten Jahren – infolge der neuesten internationalen politischen Entwicklungen, der energie- und klimaschutzbedingten Umstellungen von Produktionsmethoden, der zunehmenden Digitalisierung – die einzige Zukunftsperspektive zu sein. War Tourismus in der Vergangenheit von den großen Industrie-Nationen und insbesondere Deutschland belächelt und Regionen, deren Dienstleistungssektor mehrheitlich auf Fremdenverkehr beruhte, gerne mit amüsiert herablassender Gutmütigkeit betrachtet und wirtschaftlich nie wirklich ernst genommen worden, so drängt sich nun ein Umdenken auf: Deindustrialisierung, die Abschaffung vieler Arbeitsfelder durch Automatisierung und ein verändertes Konsumverhalten zeigen auf, dass Tourismus in der Welt von morgen durchaus eine notwendige, ja unerlässliche Einkommensquelle darstellen wird.

Ein Kopf wird modelliert aus Ton

Foto: @wix.com / Töpfern


Eine in jeder Hinsicht agile und internationale Branche

Kreativtourismus ist eine flexible Branche, die ihr Angebot unbegrenzt kurzfristig variieren, erweitern und verändern kann, was ihre wirtschaftliche Stabilität ausmacht. Zudem zeichnet er sich durch eine hohe Internationalität aus und ist demographieunabhängig. Er entspricht auch den Anforderungen unserer Zeit, die Persönlichkeitsentwicklung und die Vielseitigkeit privater Interessen als karrierefördernd unterstreichen. Die Pandemie hat diese Tendenz unbestritten begünstigt: Viele haben unter anderem während der Lockdowns die entspannende und bereichernde Wirkung kreativer Tätigkeiten entdeckt, sie nunmehr in ihr Leben integriert und möchten sie nicht mehr missen. Sie aber mit der neubelebten Lust am Reisen und der wieder erweckten Sehnsucht nach fremden Kulturen paaren zu können, ist die ideale Kombination.


Nachhaltige Form des Tourismus

Außerdem haben Kreativ-Touristen wenig mit dem typischen Pauschalurlauber gemein. Sie stehen für gewöhnlich dem Slow Tourism nah, wollen die Produkte der Region, aber auch authentische Lebensbedingungen kennenlernen. Sie streben ein ganzheitliches und unaufgeregtes, tiefgründigeres Erlebnis an und sind oftmals zudem an Kochkunst und Önologie interessiert.

Auch für die jeweiligen Orte ist Kreativtourismus eine nachhaltige Alternative des wirtschaftlichen Wachstums, die keine materiellen Ressourcen oder riskanten Investitionen erfordert. Es ist ihnen möglich, das zu nutzen, was die Region natürlicherweise hergibt, wofür sie berühmt ist, und aus ideellen Werten oder altherbrachten Techniken Profit zu ziehen. Für Kleinunternehmen und Kunsthandwerker, die angesichts preiswerter Konkurrenzerzeugnisse aus Industrie und Import von ihrer Produktion nicht mehr leben können, ist dies auch eine neue Chance.

Wie ernst diese Ansätze zu nehmen sind, zeigt die Arbeit des Creativ Tourism Network.


Kreativtourismus zeigt, wie aus Vergangenheit Zukunft wird. Mehr als ein Trend ist Kreativtourismus ein tragfähiges Wirtschaftsmodell, das Touristen und Regionen gleichermaßen bereichert und zudem auf ganz neue Art den internationalen Austausch und das gegenseitige kulturelle Verständnis fördert. Er ist nicht nur ein Weg zu sprachlicher und kultureller Bildung, sondern auch eine entspannte Möglichkeit, Länder, Menschen, Mentalitäten, Lebensarten und Kulturen im weitesten Sinn kennenzulernen – eine neue Dimension des Tourismus, aber auch der Kommunikation und des wirtschaftlichen Erfolgs.



Ihre Region, Ihre Stadt, Ihr Viertel, Ihr Unternehmen möchte sich dem Kreativtourismus öffnen? Sie brauchen hierfür einen zielsicheren und ansprechenden Web-Auftritt, Prospekte, Social Media-Posts? Unsere Fachübersetzer für Kultur und Tourismus sind gerne für Sie da. Sprechen Sie uns an.



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